Der Sozialstaat langt kräftig bei Renten- und Krankenversicherung zu - für Gutverdiener wird es teuer
(2002 x gelesen) im Arbeit als MaklerDer Sozialstaat langt kräftig bei Renten- und Krankenversicherung zu - für Gutverdiener wird es teuer
Den nachfolgenden Artikel habe ich bei Pfefferminzia, dem Multimedium für Versicherungsprofis aus Hamburg, entdeckt – veröffentlicht am 07.09.2023. Ich bedanke mich bei Pfefferminzia den Beitrag inhaltlich verwenden zu dürfen.
Die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze steigt jedes Jahr – zum 1. Januar 2024 jedoch in historisch großem Ausmaß. Neue Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen nun, dass es für viele Gutverdiener teurer wird. Um wieviel die Sozialabgaben bei einem Bruttogehalt ab € 60.000 steigen, erklärt IW-Steuerökonom Tobias Hentze in seinem Gastbeitrag.
Unwort Beitragsbemessungsgrenze
Mit dem schönen Unwort Beitragsbemessungsgrenze bezeichnet der deutsche Staat eine Rechengröße im Sozialversicherungsrecht: Gemeint ist das Einkommen, bis zu dem berechnet wird, wie viel jemand für Renten- oder Krankenversicherung zahlen muss. Die Anhebung dieser Grenze gehört zu den jährlichen Ritualen in der Politik. Allerdings dürften die Schritte zum 1. Januar 2024 historisch groß ausfallen. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung soll die Grenze in den alten Bundesländern um € 250 auf € 7.550 ansteigen, in den neuen Bundesländern ist ein Anstieg um € 350 auf € 7.450 geplant. Dies entspricht einem Anstieg von 3,4 Prozent und von 4,9 Prozent. In der Kranken- und Pflegeversicherung steigt die bundeseinheitliche Bemessungsgrenze um voraussichtlich € 187,50 auf € 5.175, ein Plus von 3,8 Prozent.
Nur 2013 war der Sprung noch größer
Der Sozialstaat langt kräftig zu: In der Kranken- und Pflegeversicherung würde es sich um die stärkste prozentuale Erhöhung seit 1994 handeln, in der Renten- und Arbeitslosenversicherung ist der Anstieg mit Blick auf die vergangenen 20 Jahre ebenfalls überdurchschnittlich hoch. Nur 2013 und im vergangenen Jahr fiel der Anstieg noch höher aus. Die Erhöhungen orientieren sich stets an der Lohnentwicklung.
Neue IW-Berechnungen zeigen nun, was das für Konsequenzen hat: Bei einem Bruttojahreseinkommen von € 60.000 steigt der Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung aufs Jahr gerechnet um € 16, bei € 70.000 bereits um € 234. Zudem führt der Arbeitgeber den annähernd gleichen Betrag nochmal an die Sozialkassen ab. Für diejenigen, die brutto weniger als € 60.000 im Jahr verdienen, ändert sich nichts.
Bis zu € 50 mehr im Monat
Die höhere Beitragsbemessungsgrenze in der Renten- und Arbeitslosenversicherung führt dazu, dass sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit einem Bruttogehalt von € 90.000 nächstes Jahr € 488 mehr in die Sozialversicherung zahlen, sofern sie gesetzlich krankenversichert sind. Die maximale Zusatzbelastung beläuft sich auf € 552 im Jahr. Immerhin: Gleichzeitig reduziert sich die Einkommensteuer, weil Sozialbeiträge abgesetzt werden dürfen, sodass per Saldo die Mehrbelastung weniger stark ausfällt. Nicht berücksichtigt sind dabei mögliche Anhebungen der Beitragssätze. Insbesondere ein höherer Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung ist immer wieder in der Diskussion, nicht zuletzt aufgrund eines erwarteten Defizits in der Kasse.
Fazit
Die Erhöhungen sind zwar gesetzeskonform und erwartbar. Allerdings belastet dieser große Sprung Teile der Mittelschicht weiter und senkt in der Folge die Arbeitsanreize.
Über den Autor:
Tobias Hentze ist Volkswirt mit Schwerpunkt Finanzwissenschaft und seit 2014 am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln tätig. Dort leitet er das Cluster Staat, Steuern und Soziale Sicherung. Sein wissenschaftlicher Fokus liegt auf öffentliche Haushalte, Unternehmensbesteuerung und Einkommensteuer.
Quelle: https://www.pfefferminzia.de/der-sozialstaat-langt-kraeftig-zu-renten-und-krankenversicherung-fuer-gutverdiener-wird-es-teuer/