Abzocke bei Rentenbeginn
Darauf waren sie nicht vorbereitet, deshalb ist es für viele Rentner ein Schlag ins Gesicht. Für ihre Direktversicherungen mit Betriebsrenten-Charakter müssen sie bei der Auszahlung rund 18 Prozent Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zahlen. Umso verständlicher die negative Reaktion wenn man bedenkt, dass sie dem Rat der jeweils regierenden Parteien gefolgt sind und sich über die betriebliche Altersversorgung ein weiteres finanzielles Standbein zur schwächelnden gesetzlichen Rentenversicherung aufbauen wollten.
Hohe Einbußen
Beim Abschluss derartiger Verträge wurde oftmals die bestehende Beitragspflicht zum Auszahlungszeitpunkt nicht erwähnt oder der Kunde selbst hat sie schlichtweg vergessen. So erleiden jährlich aus dem Berufsleben ausscheidende Arbeitnehmer einen regelrechten Schock, denn nahezu ein Fünftel des sicher geglaubten Kapitals muss an die Krankenkasse abgetreten werden. Was heißt das konkret in Zahlen? Beispiel: Wer aus einer Lebensversicherung von seinem Versorgungswerk eine Summe in Höhe von € 100.000 erhält, zahlt je nach Kassen-Zusatzbeitrag monatlich € 148 bis € 159 an Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Dauer von 10 Jahren. D.h. vom Auszahlungsbetrag bleiben lediglich € 80.900 bis maximal € 82.250 übrig.
Politisches Versagen
Ein Änderungsbedarf besteht von politischer Seite offensichtlich nicht. Hier ein aktueller Fall. Fast bis zum Ende zeichnete sich bei Verhandlungen zwischen den Parteien der jetzt regierenden großen Koalition eine Verbesserung der Situation ab. Die SPD unterbreitete den Vorschlag, Beiträge für Direktversicherungen und Betriebsrenten um die Hälfte, auf den Arbeitnehmeranteil zu reduzieren. Jedoch wurde in der letzten Verhandlungsnacht dieser Passus ersatzlos gestrichen. Somit sucht man ihn im geltenden Koalitionsvertrag vom 07. Februar 2018 vergebens. Der Grund dafür ist nachvollziehbar, denn die geforderte Reduzierung der Beiträge, würde für die gesetzlichen Krankenkassen eine Minderung der Einnahmen von rund € 2,6 Milliarden pro Jahr bedeuten.
Auslöser Gesundheitsreform 2004
Auslöser dieser Abzockerei war die Gesundheitsreform im Jahr 2004 und im speziellen das „Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“. Es ist schon beeindruckend, welchen Einfallsreichtum unsere gewählten Volksvertreter besitzen, wenn es darum geht die leeren Kassen aufzufüllen. Wie die Geschichte immer wieder zeigt, zählen dann weder die - vor allem im Wahlkampf – oft zitierte Gerechtigkeit, noch das Vertrauen in den angeblichen Rechtsstaat.
Ulla Schmidt und Horst Seehofer haben ganze Arbeit geleistet
Die SPD-Abgeordnete Ulla Schmidt, zum damaligen Zeitpunkt Gesundheitsministerin bei Rot-Grün, handelte die Beitragspflicht mit dem Fraktionsvize der Union Horst Seehofer, zuständig für Sozialpolitik, im Hau-Ruck-Verfahren aus. Der gegenwärtige CSU-Chef und Bundesinnenminister bezeichnete dies als „eine der schöneren Nächte in meinem Leben“. Die Bürger sehen das sicher völlig anders. Gerüchten zur Folge, war der heutige Bundesfinanzminister Olaf Scholz Ideengeber diese Änderung. Die Volksvertreter Seehofer und Schmidt leisteten ganze Arbeit; in der Gesetzesbegründung heißt es: „Alle Rentnerinnen und Rentner zahlen künftig von ihren sonstigen Versorgungsbezügen volle Beiträge.“
Betroffen sind diejenigen, die dem Rat der Politiker gefolgt sind
Bedauerlicherweise sind genau diejenigen Arbeitnehmer betroffen, die dem Rat der Politiker gefolgt sind und vom Gehalt einen Teil in eine betriebliche Altersversorgung einbezahlt haben. Was geschieht nun in der Praxis gegen diese Benachteiligung? Es gibt einige kleinere Demos, viele Beschwerdebriefe an Politiker aller Parteien und erfolglose Verfassungsbeschwerden beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Ab und zu flammt dieses Thema im Parlament kurz auf, zuletzt im Februar auf Antrag der Linkspartei, deren Rentenexperte Matthias Birkwald forderte: „Die doppelte Belastung von Betriebsrenten mit völlig überzogenen Krankenkassenbeiträgen muss ohne Ausnahme abgeschafft werden – auch für Altverträge. Das wäre einfach, wirkungsvoll und vor allem: Es wäre gerecht.“ Meines Erachtens wird diese Sache aber im Sande verlaufen, denn diese Einnahmen sind schlicht und ergreifend verplant. Dabei ist in Deutschland die Abgabenbelastung aus Steuern und Sozialabgaben sowieso schon immens hoch. Jeder Arbeitnehmer kann das mit Blick auf den Lohnzettel feststellen. Aber leider sind die regierenden Parteien nicht in der Lage die Gelder ihrer Bürger auch nur annähernd vernünftig zu verwalten – Beispiele gefällig? Dann lesen Sie meinen Blogartikel „Offenbarungseide in der deutschen Politik“.
Mir fällt dazu nur die alte Weisheit ein: „Es lässt sich leicht arbeiten mit dem Geld anderer Leute.“
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