Wann haften Kinder bei Verkehrsunfällen?
Im Straßenverkehr kann bereits ein achtjähriges Kind für die Folgen seines Handelns haftbar gemacht werden. Kürzlich kam es in einem derartigen Fall zu einer Verurteilung durch das OLG Celle mit Schmerzensgeld und Schadenersatz (Az. 14.U 69/19).
Der Tathergang
Auf einer Promenade fuhr ein achtjähriges Kind in Sicht- und Rufweite mit dem Fahrrad vor seinen Eltern her. Während der Fahrt drehte es für eine längere Zeit den Kopf zu seinen Eltern herum, fuhr aber gleichzeitig weiter auf eine Passantin zu. Vergeblich versuchten die Erziehungsberechtigten das Kind zu warnen. Die Fußgängerin hingegen wollte noch ausweichen um einen Zusammenstoß zu vermeiden, stürzte aber bei dieser Aktion und zog sich eine Verletzung zu.
LG Hannover lehnt Klage ab, OLG Celle dagegen gibt ihr statt
Die Passantin klagte vor dem Landgericht Hannover (Az. 16 O 9/17) auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie Schadenersatz. Die Klage wurde abgewiesen. Daraufhin ging die Geschädigte vor dem Oberlandesgericht Celle in Berufung. Dort wurde der Klage vor dem u.a. für Verkehrsdelikte zuständigen 14. Zivilsenat des OLG Celle stattgegeben und das Kind verurteilt. Da die Eltern in diesem Fall ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt haben, besteht ihnen gegenüber kein Anspruch, so die Richter.
Wann können Kinder für Schäden haftbar gemacht werden?
Für das OLG ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Kinder für Schäden haftbar gemacht werden können. Minderjährige unter sieben Jahren sind laut § 828 BGB nicht für Schäden verantwortlich, die sie anderen beibringen. Solange sie das 10. Lebensjahr nicht vollendet haben, gilt dies im Regelfall auch für Unfälle im Straßenverkehr. Im Alter von sieben bis siebzehn Jahren haften sie aber dennoch für Schäden, die sie anderen zufügen, wenn sie bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besitzen.
Im verhandelten Fall war für die Richter entscheidend, ob es einem altersgerecht entwickelten achtjährigen Kind – das seit seinem fünften Lebensjahr regelmäßig Fahrrad fährt – bewusst ist, dass es während der Fahrt nicht für längere Zeit nach hinten blicken darf. Nach persönlicher Anhörung des betroffenen Kindes sahen sie das aber als gegeben an.
Für deliktunfähige Kinder ist der Einschluss in die Privathaftpflichtversicherung möglich
Im geschilderten Fall greift die Privathaftpflichtversicherung der Eltern. Bei Nachwuchs unter sieben Jahren und somit deliktunfähig, besteht keine Pflicht zum Schadenersatz. D.h. Eltern, die ihre Aufsichtspflicht nicht verletzen, sind nicht haftbar. Im Rahmen des passiven Rechtsschutzes wehrt der Versicherer in dieser Situation ungerechtfertigte Ansprüche ab.
Ist jedoch der Baustein „deliktunfähige Kinder“ enthalten, verzichtet die Gesellschaft auf den Einwand der Deliktunfähigkeit und reguliert den Schaden. Einige Tarife begrenzen die Leistung auf einen Betrag in Höhe von € 10.000, andere wiederum zahlen bis zur vollen Deckungssumme. Prüfen Sie ihren Vertrag, wenn deliktunfähige Kinder zur Familie zählen, bzw. Senioren oder Menschen mit Einschränkungen bei ihnen wohnen, die in ihrer Privathaftpflichtversicherung mitversichert sind.