Draghi im Bundestag
Nach wie vor ist die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) umstritten. Doch der EZB-Chef Mario Draghi verteidigte sie am Mittwoch letzter Woche vor dem Europa-Ausschuss des Bundestages. Laut seiner Aussage bringt sie den deutschen Sparern sogar Vorteile, zumindest indirekt. Denn mit diesen Maßnahmen konnten neue Arbeitsplätze im Inland geschaffen werden. Des weiteren wurde damit die Wirtschaft angekurbelt und einer abermaligen Depression entgegengewirkt, so der Italiener vor den Abgeordneten. Hierzulande kommt dies vor allem dem Exportgeschäft zugute und von einer sich erholenden Wirtschaft profitieren wiederum die Anleger. „Es liegt also in unser aller Interesse, auch dem der deutschen Sparer, ein möglichst starkes nachhaltiges Wachstum in Deutschland und im Europaraum zu erzielen“, so Draghi.
Zinsanstieg nicht zu erwarten
Für einen Anstieg der langfristigen Zinsen seien allerdings mehr Strukturreformen und Investitionen notwendig, um Produktivität und Wachstum zu steigern. Es dauert noch, bis die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank ihre volle Wirkung entfalten können. „Und dazu müssen andere Politikbereiche sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene wesentlich entschlossener beitragen“, sagte der EZB-Chef vor den Parlamentariern.
EZB schuld an schlechter Lage deutscher Banken?
Wie bereits in einem meiner Blogartikel berichtet, kauft die EZB seit März 2015 Staatsanleihen der Euro-Staaten, um die Inflation anzukurbeln und für mehr Wachstum zu sorgen. Als Folge davon können sich hochverschuldete Länder wie Spanien, Portugal und Italien günstig mit frischem Geld eindecken. Den Vorwurf, dass die Schieflage einiger deutscher Kreditinstitute auf seine Politik zurückzuführen sei, weist Draghi zurück: „Die Geldpolitik der EZB ist nicht der Hauptfaktor für die geringe Rentabilität der Banken.“ Nach seiner Aussage wird nicht ins Auge gefasst, dass viele Banken eigene strukturelle Probleme haben und sie deshalb ihr Geschäftsmodell an das aktuelle Umfeld anpassen müssten. Werden zusätzlich mehr Kredite vergeben und ein besserer Schuldendienst eingeführt, könnten die sinkenden Zinserträge mehr als nur ausgeglichen werden.
Kritik der Unionspolitiker
Mehrere Unionspolitiker haben die Niedrigzinspolitik der EZB vor dem Besuch Draghis im Bundestag abermals kritisiert. „Draghi setzt mit seiner Politik ein fatales Signal für eine stabilitätsorientierte Fiskalpolitik“, sagte etwa Hans Michelbach von der CSU der „Rheinischen Post“. Ich selbst schließe mich dieser Kritik an. Statt dafür zu sorgen, dass wirtschaftlich schwächere Staaten ihre Hausaufgaben machen, werden ihre Kassen mit billigem Geld geschwemmt. So sind Staatsverschuldungen nicht zurückgegangen und eine Abkehr von der Niedrigzinspolitik hat die Zahlungsunfähigkeit einiger Länder zur Folge. Dementsprechend wird dieses System weiterlaufen. Die Frage ist nur: Wie lange funktioniert es noch? Als Leidtragender gilt der deutsche Sparer, der traditionell den Großteil seines Geldes in klassische Bank- und Versicherungsprodukte anlegt. Seit Jahren kommt es hier zur Enteignung, da es faktisch keine Zinsen mehr gibt. Jedoch erfolgt trotz allem nur sehr langsam ein Umdenken und eine Änderung der Anlagestrategie mit dem Fokus auf Sachwerte.
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