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Berufsunfähigkeit – Hälfte der Leistungsfälle wegen psychischer Probleme

Fast die Hälfte aller derzeitigen Anträge auf Erwerbs- und Berufsunfähigkeit in Europa gehen auf eine Erkrankung der Psyche zurück. Arbeitgeber und Krankenkassen reagieren bei dieser Art von Problemen noch nicht schnell genug, so ein aktueller OEDC-Bericht mit dem Titel „Fit Mind, Fit Job: From Evidence to Practice in Mental Health and Work“. Es wird gefordert, dass Arbeitgeber, Ärzte, Bildungsinstitute und Versicherer intensiver zusammenarbeiten. Die Studie erläutert, welche politischen Weichen zu stellen sind, um die verursachten Kosten für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Volkswirtschaft möglichst gering zu halten.

Faktor Zeit   

Eines der wichtigsten Kriterien im Kampf gegen psychische Erkrankungen ist der Faktor Zeit. Je früher mit einer Behandlung begonnen werden kann, desto besser stehen die Chancen auf eine Genesung. In den Ländern, die zu dieser Thematik analysiert wurden, vergehen durchschnittlich zehn Jahre zwischen den ersten Anzeichen für mentale Störungen bis hin zum Therapiebeginn. Laut OECD-Studienautoren betrifft dies vor allem junge Menschen. Generell gilt jede Maßnahme, die von der Schule oder dem Arbeitgeber eingeleitet wird erfolgversprechender, als abzuwarten bis der Betroffene etwa die Schule abbricht oder aus dem Arbeitsleben ausscheidet. Stress im Unterricht oder Beruf kann zwar psychische Probleme verstärken, trotzdem ist mit der notwendigen Unterstützung auch ein positiver Einfluss auf den Krankheitsverlauf möglich. Damit Menschen mit psychischen Störungen ihre Arbeit behalten oder in einen neuen Job vermittelt werden können, ist eine stärkere Zusammenarbeit aller relevanten Akteure unabdingbar.

Gewaltige Kosten für das Bruttoinlandsprodukt (BIP)

In der Öffentlichkeit nimmt diese Problematik mittlerweile einen höheren Stellenwert ein und wird infolgedessen auch besser akzeptiert als in der Vergangenheit. Trotzdem sind die Folgen psychischer Erkrankungen nach wie vor frappierend. Neben sozialer Ausgrenzung verlieren Menschen mit leichten bis mittelstarken Störungen beispielsweise doppelt so häufig ihre Anstellung als Gesunde. Somit steigt beim Personenkreis, die an Depressionen und Angstzuständen leiden, auch das Armutsrisiko. Dies wiederum wird zu einem Problem für die Wirtschaft. Es wird geschätzt, dass psychische Erkrankungen etwa 3,5 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes in Europa kosten.

Auch in Deutschland ist ein starker Anstieg zu beobachten

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) weist ebenfalls auf eine steigende Zahl von Ausfällen durch psychische Erkrankungen hin. Im Jahr 2012 wurde der letzte Stressreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) veröffentlicht, der auf Daten von rund 20.000 Erwerbstätigen basiert. Laut dieser Studie klagten mehr als die Hälfte aller Befragten über einen hohen Leistungs- und Termindruck. Als weiterer Stressfaktor wurde genannt, dass häufig mehrere Arbeiten gleichzeitig zu erledigen seien – Auslöser dafür, warum immer mehr Beschäftigte ausfallen. Die Zahl der Personen, die aufgrund psychischer Störungen eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente zugesprochen bekamen, hat sich in den letzten 20 Jahren fast verdoppelt und zwar von rund 41.400 Fällen im Jahr 1993 auf knapp 75.000 in 2012. Somit stieg der Anteil von 15,4 auf 42,7 Prozent. Diese Entwicklung spiegelt sich auch bei den privaten Berufsunfähigkeitsversicherern wieder - auch dort entfielen 2012 über 30 Prozent der Leistungsfälle auf psychische Krankheiten.

Fehlende Kooperation

Leider ist die Abstimmung zwischen den Bedürfnissen der Erkrankten und der erhaltenen Hilfeleistung ungenügend. So mangelt es an Effizienz der Maßnahmen. Experten kritisieren, dass politische Handlungsweisen zu häufig in abgeschlossenen Einheiten definiert und umgesetzt werden. Oftmals weiß eine Institution nicht, wie die andere handelt. Ein verzahntes System zwischen unterschiedlichen Leistungsträgern würde mit gleichen Ressourcen ein wesentlich besseres Ergebnis erzielen. Leider fehlt es in vielen Ländern an der  Zusammenarbeit für ein zielgerichtetes Handeln.

Schweizer Modell

Die Studienautoren erwähnen lobend das Schweizer Modell der „Interinstitutionellen Zusammenarbeit“ (IIZ). Hier arbeiten verschiedene Organisationen aus dem Bereich Beschäftigung, Versicherung und Gesundheit zusammen, um komplizierte Fälle schneller zu klären. Aber praxisbezogen dauert es immer noch zu lange bis der Betroffene an ein IIZ-Team verwiesen wird.

Aus der Studie geht hervor, dass die Unterstützung von verschiedenen Stellen in der Realität kaum funktioniert. Daher ist der Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung unerlässlich.

 

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